Mensch ärgere Dich
„Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich.“ Das klingt weise, ist letztlich aber nur Ausdruck des aktuellen Selbst-Optimierungs-Größenwahns.
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„Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich.“ Diesen Satz haben Sie vielleicht schon mal gehört. Es ist einer jener Aussprüche, die auf den ersten Blick unglaublich tief, reif und weise klingen, so daß man beim Lesen ehrfürchtig nickt. Zugleich fühlt man sich zerknirscht, weil man selbst noch nicht so reif und weise ist, sondern zum niederen Fußvolk gehört und sich tatsächlich von ärgerlichem Verhalten anderer Menschen ärgern läßt.
Bei genauerem Hinsehen ist so ein Satz nicht mehr als ein Kalenderspruch, der Weisheit simuliert. Diese Behauptung lasse ich gern durch die Wirklichkeit überprüfen. Wie? Ganz einfach: Ich wette, daß ich jeden – und damit meine ich: JEDEN – ärgern kann.
Nach wenigen Minuten im Kontakt mit einem Menschen hat jeder von uns dutzende Anhaltspunkte, bei denen wir ziemlich sicher sind, daß wir diesen Menschen damit auf die Palme bringen können. Da sind Trainer, die ihr Geld mit Kursen und Büchern verdienen, die aus Sätzen wie dem oben genannten bestehen, keine Ausnahme.
Hier ein paar Merkmale, die meiner Erfahrung nach immer funktionieren:
- Stimme (kreischig, nuschelig, piepsig …)
- Haare (dünn, spärlich, fettig …)
- Gestik (fahrig, steif, grob …)
- Kleidung (Weite, Enge, Farbe, Stil …)
Kinesiologisch läßt sich mit dem Muskeltest einfach überprüfen, was einem Menschen an sich selbst nicht gefällt und ihn folglich streßt. Ich teste und sage dazu z.B. „Haare“, „Nase“, „Stimme“, „Hintern“ usw. Gibt der Muskel nach, wissen wir, woran wir sind und können daran arbeiten.
Der Satz „Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich“ ist Ausdruck des aktuellen Selbst-Optimierungs-Größenwahns und damit das Gegenteil echter Reifung. Persönliches Wachstum geht anders.
Deshalb lautet mein Motto: WEN ich ärgere, bestimme ich! Das Wachstums-Potential dabei liegt in der Zehntelsekunde zwischen dem ersten Impuls, jemanden zu ärgern, und der reflektiert-bewußten Entscheidung, es zu tun – oder eben nicht. Freiheit statt Autopilot.
Wer mich kennt, weiß, daß ich das nicht immer hinbekomme – und mich dann über mich selbst ärgere. Aber ich hab‘ ja noch ein paar Jahre vor mir …
2. Juli 2023