Beißender Schmerz – schmerzendes Beißen

Er war klein, sah nicht gut aus, roch nicht gut. Normalerweise sind das alles k.o.-Kriterien bei einem Mann für mich“, seufzt die Klientin.

Vor mir sitzt eine attraktive Frau Mitte Zwanzig. Schlank, lange brünette Haare, hohe Wangenknochen, volle Lippen, tadellos geschminkt. Sie könnte als Model arbeiten, denke ich. Doch da sind noch die Augen: glanzlos, trüb, voller Kummer und Schmerz. „Die Augen sind der Spiegel der Seele“ – die Wahrheit dieses Satzes huscht durch ein oberes Stockwerk meines Bewußtseins

Manuela S. ist bei mir, weil sie mit den Zähnen knirscht und sich die Wangen blutig beißt. Seit einem halben Jahr tut sie das. Seit ihr Freund sie verlassen hat. Das tat er nicht einfach so, was schlimm genug wäre, sondern so:

Nach wenigen Wochen mit ihrem neuen Freund ist die frischverliebte junge Frau schwanger. Sie freut sich. Er ist entsetzt. Er will auf keinen Fall ein Kind und verlangt sofort, sie solle das Kind abtreiben lassen. Das tut sie nicht, sondern hofft darauf, daß er seine Einstellung ändert.

Er ändert seine Einstellung nicht, sondern fragt ständig, ob sie „es“ schon hat „wegmachen lassen“? Als sie verneint, verläßt er sie – zum ersten Mal. Todunglücklich bettelt Manuela S. ihn an, er möge zu ihr zurückkommen.  Seine Antwort: „Ja, wenn du es endich abtreiben läßt, dann sind wir wieder zusammen!“

Das wirkt. Sie läßt die Abtreibung vornehmen, überbringt dem Freund die „frohe Botschaft“. – Und der löst sich in Luft auf. Ist nicht mehr zu erreichen. Blockiert oder löscht Manuela S. auf allen Kanälen des modernen digitalen Lebens.

Seither frißt und beißt eine hochgiftige Mischung aus Schuld, Scham, Ohnmacht und Verzweiflung in Manuela S. Damit sie diesen Schmerz um ihr verlorenes Kind, den verlorenen Mann und ihr verlorenes wahres Selbst aushält, beißt sie zurück – und erwischt dabei nur sich selbst, denn der Freund ist nicht zu greifen und also auch nicht zu beißen.

Dieses selbstzerstörerische Gebräu, das in Manuela S. brodelt, gilt es nun „abzukühlen“ und zu „neutralisieren“. Energetisch gesprochen: Wir lösen die Blockaden, die Frau S. eine reifende Weiterentwicklung unmöglich machen.

Ich verwende dafür „Touch for Health“ (Gesund durch Berühren), die bewährte kinesiologische Basismethode. Dabei arbeite ich mit den vierzehn Haupt-Meridianen und den zugehörigen Organfunktionskreisen, denen jeweils ein Muskel zugeordnet ist, der Auskunft über den Energiezustand des jeweiligen Organsystems gibt, z.B. Herz, Leber, Niere.

Wo sich eine Energieblockade zeigt, lösen wir sie durch sanfte Interventionen – etwa leichtes Massieren oder einfaches Berühren – und aktivieren den Energiefluß des Organkreises, so daß die Selbstheilungskräfte ihr Werk vollbringen können.

Das dauert etwa eine Viertelstunde und kommt ganz unscheinbar daher, denn nach außen geschieht kaum etwas. Doch als Manuela S. von der Liege wieder in die Senkrechte kommt, aufsteht, Wasser trinkt (ganz wichtig!) und mich ansieht, ist sie eine andere.

In ihren Augen leuchtet wieder das Leben, glimmt ein Feuer, ist wieder Tiefe und Intensität.

Manuela S. steht und geht deutlich aufgerichteter, als sie gekommen ist. Ihre Körperspannung ist wieder da. Der Zombie in ihr ist verschwunden. Sie verläßt meine Praxis selbstbewußt lächelnd.

Ich habe nie wieder von ihr gehört …